Herdplatten auf dem Hügel

Eine halbe Million Werke schlummern in den Beständen der 21 RuhrKunstMuseen. Mehr als einhundert davon sind jetzt bis zum 27. Juli in der Villa Hügel in Essen zu Gast. Die Ausstellung "21 x 21" zeigt große Namen – und wagt einen themengesteuerten Parforceritt durch die große Kunst- und Sammlungsgeschichte der Region.

Provokant hängen die Herdplatten von Rosemarie Trocke direkt neben der Großen Sinnenden von Wilhelm Lehmbruck und begrüßen die Besucherinnen und Besucher mit einem kunsthistorischen Spagat.  Klassizistische Nachwehen neben einem vom Minimalismus inspirierten Ausdruck des Feminismus. Wie ein Motto steht diese Klammer für die Ausstellung, die einhundert Jahre Ruhrgebiets- und Kunstgeschichte zusammenbringt und deutlich werden lässt.

Wer sich hingegen die Frage stellt, was das soll, ein Bild aus sieben Herdplatten in den holzgetäfelten Räumen der Villa Hügel zu zeigen, ist nach Ansicht von Volker Troche, Sprecher der Alfred Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, ebenfalls auf dem richtigen Weg. Sei doch der imposante Bau oberhalb des Baldeneysees mit seiner nicht immer glanzvollen Geschichte ohnehin ein Sinnbild für Wandel und Geschichte des Ruhrgebiets. Und: Die Ausstellungsgeschichte hier ist lang. "21 x 21" ist die Nummer 60 in der langen Reihe der Kunstausstellungen des Hauses. Dies allein wäre schon Anlass genug für einen Besuch auf dem Hügel, doch die Ausstellung bietet darüber hinaus noch reichlich Struktur und Denkanregung.

Dabei stand am Anfang eine simple Frage: Was ist, was Dich ausmacht? Dies fragten sich die beteiligten Museen gegenseitig während der Corona-Pandemie. Ein jedes sollte eines seiner Werke online zeigen dürfen – so wie es zu jener Zeit eben üblich war. Das Ergebnis kam nach vielen Gesprächen und einem lebhaften Austausch zustande. Es ist seit Herbst 2024 online zu besichtigen unter 21x21.de und lädt zum Stöbern und zum freien Assoziieren ein.

Nur: "Das Original ist eigentlich schon besser", wie Peter Gorschlüter, einer der beiden Sprecher des einzigartigen Museumsverbundes bemerkt. Dieser Konsens sei schnell allen klar gewesen. So machten sich die Museen, etwas antizyklisch, auf den Weg vom Digitalen zurück ins Analoge; und sie verbanden dies mit einer thematischen Sortierung, die beim Greifen und Begreifen dieses riesigen künstlerischen Schatzes helfen soll. 100 Jahre Ruhrkunst sind nun in zehn Räumen zu erkunden. Nach dem wechselhaften "Bild der Frau" geht es um so unterschiedliche Themensphären wie Sein und Traum, Landschaft, Atmosphäre, es geht um Krieg, aber natürlich auch – im Ruhrgebiet kaum vermeidbar – um Arbeit und Industrie.

"21 x 21" streift dabei alle bedeutenden Kunstströmungen des vergangenen Jahrhunderts wie den Expressionismus, die Neue Sachlichkeit, die Nachkriegskunst mit Informel, Konkreter Kunst, Zero und Fluxus und der feministischen Avantgarde. Dabei könnte es auch einfach eine Schau der großen Namen sein: Neben Lehmbruck trifft man auf Chagall, Jawlensky, Albers, Hundertwasser, Uecker, Münter, Richter und viele Prominente mehr. Stiftungen und Mäzene, später bürgerschaftliches Engagement und demokratischer Aufbruch, das wird beim Rundgang deutlich, haben im Ruhrgebiet eine Vielfalt entstehen lassen, die keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Begleitet wird die Ausstellung von einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm. Von Führungen mit Kuratorinnen, Kuratoren, Künstlerinnen und Künstlern, über Vorträge und Podiumsdiskussionen sind verschiedene Veranstaltungen geplant. Bustouren führen an den Samstagen im Ausstellungszeitraum zu ausgewählten RuhrKunstMuseen.

Ermöglicht wurde die Schau durch eine in dieser Form bisher einmaligen Kooperation von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, der RAG-Stiftung sowie dem Regionalverband Ruhr, der auch gleichzeitig Träger der RuhrKunstMuseen ist.

 

21 x 21

Die RuhrKunstMuseen auf dem Hügel
11. April - 27. Juli 2025
Villa Hügel, Essen