Genaues Hinsehen gegen den Zeitgeist

103 Filme aus 42 Ländern: Das Internationale Frauen Film Fest (IFFF), das am 1. April in Dortmund gestartet ist, ist deutschlandweit das größte seiner Art. Langzeitbeobachtungen und Dekolonialisierung sind diesmal zwei der Schwerpunktthemen.

"Es geht sehr viel um Resilienz", so Festivalleiterin Maxa Zoller vorausblickend auf das diesjährige IFFF. Das knapp einwöchige Festival reagiere damit auch auf den Zeitgeist. "Es geht diesmal um Langzeitbeobachtungen, eine Resilienz im Filmemachen und eine Resilienz im Beobachten, im Dranbleiben und Nicht-Loslassen", so Zoller. Besonders deutlich werde dies im Dokumentarfilmbereich "Panorama". Zu sehen sind hier unter anderem "Union" von Brett Story und Stephen Maing, der in der Tradition des Direct Cinema den Arbeitskampf bei Amazon in New York dokumentiert. Aysun Bademsoy hat dreißig Jahre lang Fußballspielerinnen des BSC-Agrispor in Berlin-Kreuzberg begleitet und dabei Frauen gefilmt, die Suchende bleiben und Lebenswege, die generationsübergreifend geprägt werden. Auch "Die Möllner-Briefe" werden hier zu sehen sein, ein Film über die wiederentdeckten Solidaritätsbriefe, die den Opfern der Brandanschläge von Mölln nie zugestellt wurden.
Nie wurden so viele Filme für die Dokumentarfilmsektion eingereicht wie in diesem Jahr. Das Festival sieht dies nicht als zufällig an. Es gebe eine "Tendenz, unserer krisengeschüttelten Welt durch das Dokumentarische zu begegnen".

Auf den "existierenden Rechtsruck", so Zoller, reagiert das Programm "Fokus", in dem Diskriminierungen in der Filmsprache unter die Lupe genommen werden. "Wir zeigen und diskutieren empowernde Arbeiten aus 120 Jahren Filmgeschichte vom frühen Stummfilm bis zu aktuellen Produktionen."

Auch strukturell habe das Festival reagiert, so die Leiterin. "Es ist nach wie vor so, dass Gleichberechtigung in der Filmbranche sehr langsam vonstatten geht. Wir bemerken, dass die ersten beiden Filme gut von Absolventinnen produziert werden können und es nach dem dritten Film schleppend wird. Das ist wirklich das Nadelöhr, durch das viele Regisseurinnen müssen, und wir stellen fest, dass wir alles nach dem zweiten Film noch mal genauer hinschauen und wertschätzen müssen". Die Reaktion: Nur noch Filme ab der dritten Produktion werden für den Wettbewerb zugelassen.

Eine andere Änderung der Festivalstruktur musste unfreiwillig erfolgen. Die Einschnitte bei der finanziellen Förderung führen dazu, dass das Auswahlprogramm, das parallel in Köln gezeigt werden sollte, sowie mehrere Specials entfallen. Das Festival existiert mittlerweile im 42. Jahr und wird nicht institutionell gefördert.

Trotz dieser Einschränkungen: Das IFFF will auch in diesem Jahr ein Festival sein, das die Stadt einbezieht. Es gibt Workshops, Vorträge, Netzwerktreffen, einen filmischen Spaziergang durch das nächtliche Dortmund, bei dem Fassaden zu Leinwänden werden, und einen "Dekolonialen Spaziergang" durch den Fredenbaumpark im Norden der Stadt. Und nicht zuletzt: eine Festivalparty mit dem Kollektiv CuteFM, bestehend aus sechs Freundinnen, die ihre künstlerischen Interessen auf der Bühne mit ihren visuellen Arbeiten verbinden.

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