Durch das Auge des Elefanten auf die digitale Festivalwiese: moersland VR

Das 52. moers festival öffnet vom 26. bis 29. Mai seinen „Synapsenraum zwischen Mut und Demut“. Das international renommierte Jazzfestival hat seinen Aktionsradius deutlich erweitert und trägt jetzt den Untertitel „Jazzfestival für Musik / Synapsenbildung / Politik / Medienkunst und: Zusammensein!“. Letzteres auch gern im virtuellen Raum, dem „moersland VR“.

Schonmal durch ein Elefantenhirn spaziert? Nein? Dann wird es Zeit! Auf der Homepage des 52. moers festival. wartet ein virtueller Dickhäuter auf Gäste. Das Auge des tierischen Testimonials öffnet Festivalfans die virtuelle Spielwiese des sich stetig neu erfindenden Kulturfestes: moersland VR. Im Kopf des Dickhäuters findet sich nämlich eine bunte, künstlerische, internationale, kommunikative und immersive Festivalwelt. Eintreten und teilhaben kann hier jede und jeder – ohne Ticket und Zugangsbeschränkung, von jedem Ort der Welt aus und rund um die Uhr. „moersland - Deine Reise beginnt im Kopf“ – so lautet der Slogan auf der Website.

Nötig ist nur ein digitaler Türöffner in Form eines Computers, Tablets oder Handys. Wer seinen flugs erstellten Avatar erfolgreich über die Wendeltreppe bis in den Tierkopf und durch das virtuelle Tor navigiert hat, kann im Inneren des Elefanten über die zwei Ebenen des „Geländes“ bummeln, alte oder neue Freunde treffen, Neuigkeiten oder Tipps an der News-Wand lesen, Video- und Soundaufzeichnungen der vergangenen Jahre aufrufen oder einfach ? im übertragenen Sinne ? die Füße hochlegen und chillen.

Wie in einem Videospiel bewegen sich die User durch das surreale Ambiente – wobei es hier nicht darum geht, virtuos mit Maus und Tastatur zu hantieren. Den Anspruch einer professionellen Game-Umgebung erhebt das Angebot auch gar nicht. Vieles ist nicht so perfekt und glatt gestaltet wie man es aus Konsolenspielen kennt, denn designt hat die Umgebung eine Moerser Unternehmen, das weltweit Engineering-Lösungen zum Beispiel für den Maschinen- und Anlagenbau und die Automobil- und Zulieferindustrie anbietet. Hier entstehen sonst digitale Umgebungen, in denen zum Beispiel eine Fabrik geplant werden kann.

Treffpunkt virtuelle Festivalwiese

Während des Festivalprogramms sollen sich im moersland zahlreiche Gäste aus aller Welt tummeln, das wünschen sich die Veranstalter. „Unser Ziel ist es, dass die Leute sich in diesem virtuellen Raum treffen und austauschen. Idealerweise kann sich der Gast aus London mit dem aus New Mexico verabreden. Es gibt auch genug Raum, um sich privat, aber eben virtuell zu treffen“, so Dr. Helena Lischka vom Veranstalter Moers Kultur GmbH.

Erreichen will das Team das auch mit exklusiven Online-Angeboten wie den Konzerten der Reihe „@ the same time“. Das Format ist einzigartig: In der analogen Welt spielen Musikerinnen und Musiker auf zwei Bühnen für das Publikum vor Ort separate Konzerte. Über einen „Knopf im Ohr“ sind die Küntlergruppen aber akustisch miteinander verbunden und spielen so gemeinsam. Das so entstehende, neue Konzert ist nur im moersland zu erleben. Hier verbinden sich beide Bühnen zu einer, und ein aus zwei Hörerlebnissen wird eins. Sechs analoge Konzerte „@ the same time“ stehen auf dem Programm, folgerichtig sind drei exklusive Sessions im virtuellen Raum geplant. „Wir wollten durch das Digitale einen Mehrwert für Besucher schaffen, etwas, das sie zusätzlich zum analogen Festivalbesuch erleben können,“ erklärt Helena Lischka. Moersland soll nicht nur ein statisches Angebot sein, sondern eine weitere Festivalwiese. Um dieses Erlebnis möglichst vielen Menschen zu ermöglichen, bietet das Team des moers festival auch eine Art „betreuten Zugang“ an: Auf dem realen Festivalgelände ist eine kirgisische Jurte die Pforte zur virtuellen Welt. Mitarbeiter geben hier VR-Brillen aus und leiten die Besucher bei der digitalen Reise an.

Volles Programm im analogen und virtuellen Raum

Noch ist moersland mehr oder weniger verwaist – die meisten Angebote werden erst kurz vor dem Pfingstwochenende oder parallel zum Programm freigeschaltet. Dann sind hier zum Beispiel interaktive Auftrags-Klanginstallationen, Filme des legendären japanischen Freejazz-Experten Teruto Soejima, Fotos und Zeitdokumente aus über 50 Jahren Festivalgeschichte oder Lesungen aus Ray Bradburys „Fahrenheit 451“ zu finden. Derzeit ist aber bereits ein Film zu sehen, der Lust auf moersland VR macht.

Ganz ohne Pixel geht es natürlich auch ? und wie: Das Programm des diesjährigen 52. moers festival ist vollgepackt. Rund um die Schlagworte „Aufbruch - Afrika - Kylwiria - Wert – Befreiung“ hat der künstlerische Leiter Tim Isfort ein Programm entwickelt, das mehr als 200 Künstlerinnen und Künstler aus 22 Nationen mit Leben füllen. Auf drei Hauptbühnen – outdoor und indoor – werden unkonventioneller Jazz, improvisierte Musik und ungewöhnliche Klangerlebnisse präsentiert. Hinzu kommen Sessions an wechselnden Orten mitten in der Stadt: in Geschäften der Innenstadt oder auch im Bürgermeister-Büro. Das gesamte Programm steht hier.

Interaktive und immersive Kunst ist das Schwerpunktthema der aktuellen Printausgabe der kulturinfo ruhr. Autorin Sarah Heppekausen beleuchtet Trends und Hintergründe, Dr. Inke Arns, Direktorin und künstlerische Leiterin des HMKV Hartware Medienkunstvereins Dortmund, stellt ihre Highlights vor. Weitere Kurzbeiträge geben Tipps zu Apps und weiteren interaktiven Erlebnissen in der Kulturmetropole Ruhr. Das aktuelle Heft kulturinfo ruhr liegt an vielen öffentlichen Orten in der Metropole Ruhr aus, z. B. in Tourist-Informationen und Besucherzentren. Außerdem steht es kostenfrei zum Download in der Mediathek des Regionalverbandes Ruhr.