Streetart-Show mit Kultcharakter

Nach einer längeren Coronapause kehrt urbanatix mit einem actionreichen Crossover aus urbaner Bewegungskunst, Artistik, Livemusik und multimedialer Performance auf die Bühne zurück. Elf Shows sind zwischen Weihnachten und Silvester am neuen Spielort in der Essener Grugahalle zu sehen. Ein Gespräch mit Initiator und Regisseur Christian Eggert.

Herr Eggert, Sie sind Projektleiter und Regisseur der urbanatix-Show. Wie würden Sie Ihre Tätigkeit beschreiben?

urbanatix ist für mich ein echtes Herzensprojekt. Meine Aufgabe ist es, alle Fäden zusammenzuhalten, das Team zusammenzubringen, den Kreationsprozess zu koordinieren und dafür zu sorgen, dass alle auf ein gemeinsames Ziel hinsteuern. Ob Bühnenbild, Musik, Choreografie oder Technik – jeder und jede in der Crew hat besondere Skills und Expertenwissen und ich versuche, alles miteinander zu verschmelzen, sodass ein großes Ganzes entstehen kann.

Die Shows haben mittlerweile Kultstatus erreicht und eine treue Fangemeinde. Was ist das Besondere?

urbanatix verkörpert Jugendkultur, Gemeinschaft, Lebens- und Bewegungsfreude sowie erstklassiges Entertainment! Diese Energie auf und hinter der Bühne zu spüren, gibt uns jedes Jahr aufs Neue die Motivation, die Show voranzutreiben. Wir haben das Projekt vor mehr als zehn Jahren auf den Weg gebracht, um Street Artists eine Bühne zu geben – und das ist uns auch gelungen. Mittlerweile fördert und vernetzt das Projekt junge Menschen auch abseits der Bühne und hat vielen Kunstschaffenden ein Sprungbrett für die eigene Karriere eröffnet. Dass wir über die Shows hinaus so eine Wirkung auf junge Menschen erreicht haben, macht uns sehr stolz. Mir fällt immer wieder auf, wie einzigartig die Community ist, die über die Jahre aus dem Projekt entstanden ist. Und groß: Mittlerweile sind weit mehr als 300 Artistinnen und Artisten aller Genres Teil von urbanatix geworden.

Warum ist das Ruhrgebiet genau der richtige Standort für das Projekt?

Es ist eine Show aus der Region und für die Region. Wir haben hier unsere Wurzeln, und seit der ersten Stunde lebt urbanatix vor allem von den jungen Talenten aus dem Ruhrgebiet. Der Ursprungsgedanke war schließlich, dieser lokalen Szene und ihrer Kunst eine Bühne zu geben. Hier kommen Menschen aus unterschiedlichen Genres und mit diversen kulturellen Backgrounds zusammen, und im Austausch miteinander entsteht dann das, was am Ende auf der Bühne zu sehen ist. Aus einer stark gemischten Gruppe entsteht ein harmonisches Ganzes – das macht den Zauber von urbanatix aus und spiegelt meiner Meinung nach auch ein Stück weit das Lebensgefühl im Ruhrgebiet wider.

Ist die Show heute eine andere als noch vor zehn Jahren?

Ja und nein. Die Grundidee hat sich über all die Jahre nicht verändert, aber die Show hat sich in der Vergangenheit immer wieder neu inszeniert und weiterentwickelt. Die technischen Möglichkeiten haben sich verändert, die Skills der Artistinnen und Artisten sind gewachsen und natürlich auch die Expertise des ganzen Teams ist mit jeder neuen Show gewachsen.

Wer macht mit bei urbanatix?

Unser Ensemble besteht in diesem Jahr im Kern aus rund 30 Street-Artists aus dem Ruhrgebiet – sie sind zwischen 20 und 30 Jahre alt, alle sehr talentiert und bringen ihre jeweiligen Talente mit ein wie Tanz, Parkour, Tricking oder Biken. Hinzu kommen eine Liveband und rund 15 international renommierte Künstlerinnen und Künstler – darunter Weltklasseleute wie der kanadische Artist Hugo Noel und die Trapezkünstlerin Lisa Rinne. Last but not least, wirken natürlich noch viele Menschen aus den Bereichen Choreografie, Musik, Bühnen- und Kostümbild, Lichtdesign und Videoprojektion mit.

Die Bochumer Jahrhunderthalle war der schon traditionelle Auftrittsort der urbanatix-Künstler. In diesem Jahr gibt es nun elf Shows zwischen Weihnachten und Silvester in der Grugahalle Essen. Warum dieser Wechsel?

Die Jahrhunderthalle ist ein toller Ort und hat urbanatix ohne Frage geprägt, aber wir haben uns schon immer als Ruhrgebiets-Show verstanden. Unsere Street-Artists kommen aus der gesamten Metropole Ruhr. In den vergangenen zehn Jahren durften wir an vielen verschiedenen Spielorten performen – egal ob Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen oder Essen. Neben den Aufführungen im Ruhrgebiet gab es auch Auftritte in Wolfsburg, Zürich und Wien. Nach der erzwungenen Coronapause war ein Neustart notwendig: Die Grugahalle Essen ermöglicht uns diesen Re-Start, und wir freuen uns besonders auf die neuen Möglichkeiten, denn mit dem neuen Bühnensetting kommen wir noch näher an das Publikum heran.

Zusätzlich zu den Talenten, die in der Show zu sehen sind, trainieren über 700 Kinder und Jugendliche kostenfrei in der Trainingsstätte OPENSPACE in Bochum. Was steckt hinter dieser Integrations- und Jugendarbeit, und wie finanziert sich das Projekt?

Das OPENSPACE gibt es seit 2015. Hier sind alle willkommen, jede und jeder darf sich im Tricking, Tanzen, Parkour, Biken, in Luftakrobatik und anderen Künsten ausprobieren. Es ist ein inspirierender, bundesweit einmaliger Ort, der nach dem „each-one-teach-one“ Prinzip funktioniert. Jede und jeder lernt von jedem – völlig egal, was man kann, oder wo man herkommt. Deswegen ist die Trainingsstätte auch ein Treffpunkt: Die Bewegung verbindet, die jungen Menschen lernen etwas über sich, über andere und über Wege, sich auszudrücken. Im Alltag hätten sie vielleicht wenig miteinander zu tun. Beim Training grüßen und umarmen sie sich, helfen einander, zeigen Respekt für die jeweils andere Kunst und helfen sich gegenseitig, ihre Ziele zu erreichen. Betreiber der Stätte ist der Verein „OPENSPACE – Streetart und moderne Bewegungskunst“. Der Verein ist anerkannter Träger der Jugendhilfe, sorgt für den Unterhalt der Trainingsstätte und organisiert den Trainingsbetrieb. Gefördert wird das OPENSPACE vom Land NRW und der Stadt Bochum. urbanatix gibt es also nicht nur auf der Bühne, sondern auch in anderer Form. Für dieses innovative on-and-off-stage-Konzept wurden wir übrigens 2017 mit dem Europäischen Kulturpreis, dem N.I.C.E. Award, ausgezeichnet.