lit.RUHR: Vielfalt als Konzept - Interview mit Tobias Bock

Literatur? Literatur!!! Das internationale Literaturfest lit.RUHR hat sich seinen Platz im Kulturkalender der Region redlich erarbeitet. Tobias Bock, Programmverantwortlicher des Literaturfests, sprach mir kir über das diesjährige Programm.

Herausragende literarische Stimmen, aktuelle Debatten, gesellschaftspolitische Themen, Unterhaltung – all das steckt in der lit.RUHR. Vom 9. bis 13. Oktober lädt das internationale Literaturfest zu insgesamt 71 Veranstaltungen in Essen, Bochum, Gelsenkirchen und Oberhausen. Zu den hochkarätigen Gästen zählen u.a. Herbert Grönemeyer und Michael Lentz, Donna Leon, Hape Kerkeling, Caroline Wahl, Navid Kermani, Eva Illouz und Elke Heidenreich.

Herr Bock, die inhaltliche Bandbreite der achten Ausgabe der lit.RUHR ist ja sehr groß – von Grönemeyer über Kerkeling bis Kermani oder Weisband. Wo liegen die Schwerpunkte?

Die Bandbreite ist durchaus gewollter Teil des Konzepts. Wir möchten ein möglichst vielfältiges Programm gestalten – quer durch alle Genres und Sparten. Unterhaltende Literatur hat dabei ebenso Platz wie der spannende Krimi oder das diskursstiftende Sachbuch.

Hinzu kommen unsere Themenabende; das sind dramatisierte Lesungen mit mehreren Sprechern und Sprecherinnen. Wir durchforsten dabei die Literatur und Literaturgeschichte nach bestimmten Topoi und bauen so einen Abend zusammen. Erst nach Zusammenstellung des Programms werden bestimmte Schwerpunkte offenbar. So haben wir in dieser Saison besonders starke deutschsprachige Romane im Programm, zum Beispiel von Lucy Fricke, Arno Geiger, Alina Bronsky, Nora Bossong, Caroline Wahl oder Mithu Sanyal.

 

Was war Ihre Leitlinie bei der Programmplanung – inhaltlich wie auch bei der Auswahl der Akteurinnen und Akteure?

Wir hören erst einmal hin. Dazu sichten wir u.a. die aktuellen Verlagsprogramme der deutschsprachigen Publikumsverlage und kuratieren daraus ein facettenreiches Programm. Wir wollen unterhalten, spannende Literatur präsentieren und wichtige Diskurse verhandeln, wir möchten etablierte, frische und versierte Stimmen im Programm.

 

Das Schlagwort „Demokratie“ findet sich in vielen Lesungsankündigungen. Was kann Literatur und was kann ein solches Festival für demokratisches Verständnis und demokratisches Handeln leisten?

Wir sollten der Literatur, aber vielleicht auch der Kunst im Allgemeinen nicht zu viel aufbürden. Das politische und gesellschaftliche Engagement des Einzelnen bleibt wohl immer von zentraler Bedeutung. Gleichwohl: Literatur, Worte, Bücher sind essentiell. Sie zeigen Perspektiven, stellen Fragen, stärken Empathie, stoßen an. Sie verlebendigen unterschiedlichste Welten und Ideen und können so im besten Fall das Gespräch anstoßen und Gemeinschaft stiften. Das ist nicht nichts, das ist sehr viel. Und gerade in Zeiten der großen Herausforderungen ist es vielleicht wichtiger denn je. Und nicht zu vergessen, auch die kurzzeitige Flucht in die Fiktion kann helfen, uns wieder gestärkt den Problemen der Welt zu widmen. Anders ist es natürlich mit dem Sachbuch, gerade mit dem politischen oder gesellschaftsrelevanten Sachbuch. Hier kann konkret informiert, debattiert und verhandelt werden.

Für dies alles soll die lit.RUHR einen Raum geben.

 

Dies ist bereits die achte Ausgabe der lit.RUHR. Nicht ganz leicht, sich in der Vielfalt der Angebote im Ruhrgebiet abzugrenzen. Wo liegt denn heute Markenkern des Festivals?

 Ich komme selbst aus Essen. Und ich denke, das Besondere an dieser Region sind die Menschen und der Gemeinsinn. Die lit.RUHR möchte auch immer Geschichten von und für die Menschen in der Region erzählen. So findet sich stets ein starker Ruhrgebietsbezug in unserem Programm, z.B. in unserem Themenabend zu „Untertage“ mit Dietmar Bär und Esther Schweins.

Die Geschichte der Region lebt natürlich auch in ihren Baudenkmälern und der Architektur weiter. Unsere Lesungen finden in unterschiedlichsten Veranstaltungsorten statt. Zentral für uns ist die Zeche Zollverein mit ihren eindrücklichen und charakteristischen Hallen – die Herzkammer unseres Festivals.

Das gesamte Programm der lit.RUHR steht hier.