Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets

Das Essener Filmstudio Glückauf feierte im Frühjahr seinen 100. Geburtstag. Aus diesem Anlass zeigt das Ruhr Museum auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein in Essen jetzt eine Sonderausstellung zur Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets.

Der Wandel in der Kinokultur

Das Essener „Filmstudio Glückauf“, das am 1. März dieses Jahres 100 Jahre alt geworden ist, gehört zu den ältesten noch erhaltenen Kinos des Landes. Grund genug für das Ruhr Museum, eine Sonderschau unter dem Titel „Glückauf – Film ab! Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets“ aufzulegen, die bis zum 2. März 2025 auf dem Welterbe Zollverein zu sehen sein wird. Dabei lassen die Ausstellungsmacher nicht nur die große Zeit des Kinos in den 1920er- und 1950er-Jahren wieder auferstehen, sondern zeigen auch den Wandel der Kinokultur und die Personen vor und hinter den Kameras. Die Ausstellung ist ein chronologischer Streifzug durch die Filmlandschaft des Reviers und erzählt die über 100-jährige Geschichte des Kinos und des Films im Ruhrgebiet. „Wir haben unserer Heimat ein filmisches Denkmal gesetzt“, erklärt Museumsdirektor Prof. Heinrich Theodor Grütter. Die Schau reicht von den Anfängen der Kinematographie Ende des 19. Jahrhunderts über die großen Kinobauten der 1920er-Jahre und die Instrumentalisierung des Films in der NS-Zeit bis zum Kinoerlebnis in den 1950er-Jahren. Auch der Wandel des Kinos ab den 1970er-Jahren bis heute wird thematisiert. Vorführtechniken werden ebenso präsentiert wie Film- und Kinowerbung, die Region wird als Drehort gezeigt und legendäre Kinobesitzer und Kinobetreiberinnen finden ihren Platz. Zudem beleuchtet die Ausstellung Spezifika des Ruhrgebietsfilms wie die Dokumentarische Filmarbeit, die enge Verbindung zur Montanindustrie oder auch bedeutende Filmfestivals der Region. Über 900 Exponate aus Museen, Archiven, Kinos und Privatbesitz von Filmschaffenden werden gezeigt. Die Palette reicht von Plakaten, Autogrammkarten, Drehbüchern und Requisiten über spektakuläre Filmausschnitte, Zeugnisse der dokumentarischen Filmarbeit, Filmwerbung und Fotografien bis hin zu unterschiedlichsten Film-Projektoren und verschiedensten Medien und Genres, die die Filmlandschaft bereichert und geprägt haben. Es entsteht ein Panorama, das zeigt, welch wichtiges Kulturgut Film und Kino im Ruhrgebiet waren und bis heute sind.

Die große Zeit des Kinos

Gerade im Ruhrgebiet besaßen das neue Unterhaltungsmedium Film und sein Präsentationsort, das Kino, eine ungeheure Bedeutung. Schon vor dem Ersten Weltkrieg existierte in Essen die „Schauburg“, das größte Kino überhaupt mit 2.000 Sitzplätzen. In den 1920er-Jahren gehörten gleich mehrere Kinos im Ruhrgebiet, wie die 1928 eröffnete Essener „Lichtburg“, zu den größten Lichtspielhäusern in Deutschland. Aber auch in den nachfolgenden Jahrzehnten, vor allem in den 1950er-Jahren, der Hochzeit der Kinos und der Blütezeit der Ruhrindustrie, nahmen der Spielfilm und das Kino im Revier eine herausragende Rolle ein. Ende der 1950er-Jahre zählte die Region mehrere hundert Lichtspielhäuser, ehe das langsame Kinosterben begann und es sich in Konkurrenz mit dem Fernsehen und später anderen Medien auf den Rückzug begab und heute nur noch eines von vielen Unterhaltungsformaten ist. Aber auch heute existieren in Essen noch mit dem „CinemaxX“ das größte Multiplex-Kino und mit der „Lichtburg“ der größte Kinosaal in Deutschland.

Filmreifes Begleitprogramm

Neben den Klassikern wie Führungen und Workshops warten eine Vortragsreihe, Exkursionen, zwei Podiumsdiskussionen und das umfangreichste Filmprogramm, das es je im Ruhr Museum zu einer Sonderausstellung gab. Zu den täglichen Angeboten gehören einerseits die kostenfreie Audioguide-App, die von Schauspieler Henning Baum gesprochen wird, sowie das kostenlose Quiz für Familien mit Kindern ab sechs Jahren. Beide führen zu den Highlights der Ausstellung. Begleitend zur Ausstellung starten im September 2024 verschiedene Filmreihen – sowohl auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein als auch im „Filmstudio Glückauf“ und in einigen Essener Stadtteilen. So zeigen die Essener Filmkunsttheater im Rahmen von 25 Sonntagsmatineen herausragende Spielfilme aus den letzten 100 Jahren, die im Ruhrgebiet gedreht wurden bzw. sich mit dem Milieu und den typischen Charakteren der Region beschäftigen. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Wanderkino sind fünf Filmklassiker in türkischer, spanischer, griechischer und ukrainischer Originalfassung mit deutschen Untertiteln zu sehen. Sie werden in verschiedenen Essener Stadtteilen in Wohnzimmeratmosphäre gezeigt. Ab Oktober folgt eine Dokumentarfilmreihe auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein. An zehn Dienstagabenden werden selten gezeigte Filmschätze der letzten 120 Jahre vorgestellt. Filmkundige führen in die Veranstaltungen ein und im Anschluss finden Publikumsgespräche statt. Ausführliche Informationen zu den Filmvorführungen gibt es ab August online und im parallel erscheinenden Filmprogrammheft.