Ruhrtriennale 2024: „Longing for Tomorrow”

Das wird ein Fest! Die diesjährige Ruhrtriennale setzt wieder künstlerisch-kulturelle Ausrufezeichen hinter die monumentalen, industriekulturellen Aufführungsorte im Ruhrgebiet. Das Programm des Kulturfestivals (16. August bis 15. September) steht jetzt.

Ein Geschenk seien die großen, von der Industrie zurückgelassenen Hallen, wenn man sie nicht ignoriere, sondern integriere, schwärmte Ivo Van Hove bei der Vorstellung seiner ersten Spielzeit. Der Belgier liebt es, solche Räume für Inszenierungen zu erschließen. Und zur DNA des renommierten Festivals gehören sie ohnehin. In diesem Sommer sind es u. a. die Turbinenhalle und das Dampfgebläsehaus der Bochumer Jahrhunderthalle, die Kraftzentrale des Landschaftsparks Duisburg-Nord sowie die Mischanlage und das Salzlager des UNESCO-Welterbes Zollverein, die der Ruhrtriennale Bühnen bieten. Wie gewohnt ist die Jahrhunderthalle Bochum quasi die Homebase des Kulturfests. Hier schlägt mit dem neuen Festivalzentrum „Wunderland“ das Herz des dreieinhalbwöchigen Programms. Das ist Treffpunkt für Begegnungen und Austausch, kostenfreie Workshops, kulinarische und musikalische Appetithäppchen tagsüber und DJ-Partys in der Nacht.

Und auch die Eröffnungspremiere ist standesgemäß in der Jahrhunderthalle angesiedelt: Die Musiktheater-Produktion „I Want Absolute Beauty“ von Ivo Van Hove (ab 16. August, Jahrhunderthalle Bochum) verbindet Songs der Sängerin und Songwriterin PJ Harvey mit tänzerischem Ausdruck und Schauspiel. Sandra Hüller (Oscar-Nominierung für „Anatomie eines Falls“) singt und spielt die Hauptrolle. Die Protagonistin lässt das Publikum an ihren Versuchen teilhaben, sich selbst zu verwirklichen und soziale Rollen und Erwartungen zu überschreiten. Begleitet wird sie von dem tanzrevolutionären Trio (LA)HORDE – Marine Brutti, Jonathan Debrouwer und Arthur Harel.  Die Inszenierung ist eine von sechs Uraufführungen der diesjährigen Ruhrtriennale.

Es folgen viereinhalb (statt wie gewohnt in sechseinhalb) Wochen mit internationalen, oft spartenübergreifenden Produktionen und Projekten an den Schnittstellen von Musiktheater, Schauspiel, Tanz, Musik und Bildender Kunst – wobei Van Hove einen Schwerpunkt auf Theater und Musiktheater legt. Rund 660 Künstlerinnen und Künstler aus 37 Ländern werden dafür ins Ruhrgebiet kommen. Die Bandbreite reicht vom Rock- und Pop-Musiktheater mit der Musik von PJ Harvey über eine immersive Musiktheater-Installation mit Chorwerk Ruhr bis zum Slapstick-Operetten-Musical. Viele Produktionen sind spartenübergreifend. Internationale Stars wie Isabelle Huppert und Sandra Hüller stehen genauso im Scheinwerferlicht wie die Teilnehmenden des Ballroom-Voguing Wettbewerbs „Pump Into The Future Ball“ oder die ukrainische Rapperin alyona alyona.

Ein Highlight ist sicherlich auch das wohl erste deutsche Slapstick-Operetten-Musical. Aus dem gesellschaftskritischen Erfolgsstück „Ein Florentinerhut“ von Eugène Labiche wird in der Fassung von Herbert Grönemeyer (Musik) und Herbert Fritsch (Inszenierung) das absurde Musiktheater „Pferd frisst Hut“. Songs mit Ohrwurm-Potenzial treffen auf Orchesterpassagen, Wortkaskaden auf nostalgische Momente. Das Komische und das Frivole münden in ein überraschendes Finale. Die Produktion von Theater Basel in Koproduktion mit der Komischen Oper Berlin feiert am 11. September im Landschaftspark Duisburg-Nord Premiere.

Auf Partizipation setzt die Junge Triennale in mehreren Formaten, u. a. bei der Celebration Parade. Drei Tage lang zieht die Elefanten-Parade durch Duisburg, Essen und Bochum. Die Handspring Puppet Company aus Südafrika präsentiert zusammen mit dem Ukwanda Puppets & Designs Art Collective lebensgroße, selbstgebaute Elefanten samt Nachwuchs. Schulklassen, Kinder und Familien sind eingeladen, in Workshops vorab eigene Tierfiguren zu gestalten und an dem farbenfrohen Umzug teilzunehmen.

Dazu gibt es einige neue Formate, darunter die für die nächsten drei Jahre geplante Reihe „Erased Music“, die zu Unrecht in Vergessenheit geratene Musikerinnen und Musiker in den Fokus rückt, Appetizer Konzerte am Sonntagmittag bei freiem Eintritt, die Literaturreihe „Brave New Voices“ in der Jahrhunderthalle oder die „Happy Sundays“, bei denen Eltern und Kinder parallel Aufführungen erleben.

Der Vorverkauf für das Ruhrtriennale-Programm 2024 hat begonnen. Karten gibt es hier.