Blick in die Arbeitswelt unter Tage

Die „Untertagewelt“ macht in inszenierten Räumen, mit Medienstationen, Filmmaterial sowie Originalobjekten und Geräuschen im Bergebunker auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein die schwere Arbeit der Bergleute erlebbar.

Mit der „Untertagewelt“ entführt die Stiftung Zollverein Gäste des Welterbes mit Führungen im Bergebunker in die Welt unter Tage. Auch wenn nicht wirklich eingefahren wird, hinterlässt die Inszenierung doch spannende und intensive Eindrücke, die die Arbeit der Bergleute lebendig veranschaulicht. Damit entsteht für Besucherinnen und Besucher ein völlig neues Angebot und eine eindrucksvolle Ergänzung zu den bereits bestehenden Führungen des Denkmalpfades. Die Führung „Grubenlicht und Wetterzug“ im Bergebunkergebäude lässt dabei die Welt aus Schächten, Strecken und Streben lebendig werden. Zum besseren Verständnis bekommen die Gäste zu Beginn erst einmal eine kleine Einführung. Strecke, Schacht, Flöz … Was ist das eigentlich alles? Die Welt des Bergbaus ist selbst für die Menschen aus der Region erklärungsbedürftig geworden. Kaum einer denkt bei „Alter Mann“ noch an die so bezeichneten stillgelegten Hohlräume, die zusammenbrachen, nachdem die Kohle abgebaut war. Für Thorsten Seifert, den Leiter der Standortvermittlung, und sein Team ein Grund mehr, die Geschichte anschaulich darzustellen. Zum Beispiel über die unglaublichen Dimensionen. Wie viel Steinkohle wurde eigentlich auf Zollverein im Laufe der Jahre abgebaut? Die Antwort ist kaum vorstellbar: 240 Millionen Tonnen!

Entdeckungsreise durch 140 Jahre Kohleabbau auf Zollverein

Deutlich wird die Geschichte der Untertagewelt auf Zollverein auch anhand eines Zeitstrahls mit drei Ebenen. Die erste bildet technische Entwicklungen ab. Die zweite Ebene umfasst die sozialen Entwicklungen: den Bau der Arbeiterkolonien genauso wie die Einführung der Acht-Stunden-Schicht. Die dritte Ebene zeigt historische Meilensteine, die Einfluss hatten auf die Arbeit unter Tage, wie die Eröffnung der Köln-Mindener-Eisenbahn, die März-Revolution, die Ausrufung der Republik. „Der Zeitstrahl beginnt mit dem ersten Schürfstein 1839 und endet mit der Schachtverfüllung in der Gegenwart“, erklärt Thorsten Seifert.

Das Leben der Menschen

Weiter geht es in den nächsten Raum. Eine Weltkarte zeigt Migrationsströme an – aus Bayern und Niedersachsen, aber auch aus Frankreich, Portugal oder Südkorea. Und dann sind da zehn Stelen, die das Leben von zehn Menschen erzählen, die auf Zollverein unter Tage gearbeitet haben. „Vom Hauer bis zum Fahrsteiger ist alles dabei. Ein Sizilianer, der in den 1960er-Jahren hier gearbeitet und dann doch lieber eine Pizzeria eröffnet hat. Ein ukrainischer Zwangsarbeiter, der im Lager auf Zollverein untergebracht war. Der Sohn eines Bauern, der sich beruflich entwickeln wollte, weil sein erstgeborener Bruder den Hof der Eltern übernahm“, sagt Thorsten Seifert. Was könnte die Untertagewelt eindrücklicher mit Leben füllen als die Geschichten dieser Menschen?

Unter-Tage-Feeling

Gezähe gibt es in einem weiteren Raum zu bestaunen. Noch so ein Begriff, den viele nicht mehr kennen. Gemeint ist das Werkzeug, das eingesetzt wurde, um die Steinkohle abzubauen. Hämmer, Sägen, Helme, Grubenlampen. „Eine kleine Schatzkammer“, schwärmt Thorsten Seifert. „Jeder Gegenstand erzählt eine Geschichte.“ Für das richtige Unter-Tage-Feeling schließlich werden in zwei Räumen auf großer Leinwand bzw. auf Monitoren Filme gezeigt, die zum Beispiel eine untertägige Zugfahrt oder den Abbau der Kohle mit riesigen Hobeln begleiten. Das Videomaterial stammt von Kameramann Jochen Balke, der auch geholfen hat, beeindruckende Szenen auszuwählen. Die Ausstellung endet schließlich mit großformatigen Fotos der Stilllegung Zollvereins und damit auch der Untertagewelt – die Thorsten Seifert und sein Team immer aufs Neue zum Leben erwecken.

Die Präsentation kann täglich ausschließlich im Rahmen der Führung „Grubenlicht und Wetterzug“ besucht werden.