Viertes places-Festival in Gelsenkirchen

Seit das Festival „places“ 2018 an den Start ging, hat sich einiges geändert: Virtuelle Realitäten, das inhaltliche Kernthema, sind im Wohnzimmer angekommen. Die Diskussion über deren Möglichkeiten steckt aber noch in den Kinderschuhen. Am 5. und 6. Mai zeigt das Festival in seiner vierten Auflage daher nicht nur Möglichkeiten der digitalen Welten, sondern hinterfragt auch das Verhältnis von VR und Gesellschaft – kostenfrei, abwechslungsreich und offen erlebbar für alle.

Die Demokratisierung der virtuellen Welt

Zum vierten Mal bezieht in Gelsenkirchen Anfang Mai die Zukunft Quartier. „Places“, das Festival der digital erweiterten Realität, zeigt neue Möglichkeiten und Chancen ? und widmet sich auch den noch ungeklärten Fragen im Verhältnis zwischen dem Menschen und seinen virtuellen Spiel- und Lebensräumen. Zwei Tage lang darf erlebt, gespielt und erfahren werden, aber auch die Fachsimpelei kommt nicht zu kurz.

Tatsächlich habe Virtual Reality im Alltag vieler Menschen mittlerweile eine wesentlich weitere Verbreitung als während des ersten places-Festivals im Jahr 2018. Die thematische Auseinandersetzung laufe daher mittlerweile auf einem deutlich höheren Kenntnisstand und locke immer mehr Fachpublikum, beobachtet Sprecher und Mitorganisator Roman Milenski. Das Leitungsteam hat darauf reagiert und setzt in diesem Jahr stärker auf thematische Schwerpunkte.

Was Offenheit und Zugänglichkeit für Jedermann und Jedefrau anbelangt, geht das Festival seit seiner ersten Auflage selbst mit gutem Beispiel voran. Alle Veranstaltungen sind frei zugänglich. Wer also neue Angebote ausprobieren, sich in digitale Welten versenken oder auf den Stand der technischen Diskussion bringen möchte, ist am 5. und 6. Mai im Stadtteil Ückendorf an der richtigen Adresse.

Das Metaversum als Hype und Buzzword

„Als Leitmotiv ließe sich sagen“, erläutert Milenski, „dass Places 2023 über die Demokratisierung virtueller Realität nachdenkt.“ Auf fünf Stationen konzentriert sich das Festival, alle in unmittelbarer Nähe der Heilig-Kreuz-Kirche entlang der Bochumer Straße gelegen. Der imposante Backsteinbau ist dabei nicht nur das optische Zentrum. Hier wird künstlerisch eine grundlegende Frage verhandelt: die Frage nach dem „Metaversum“. Wie ist es entstanden? Was soll es sein? Welche Rolle spielen die Avatare? Vorträge geben Hinweise und suchen nach Antworten. Vor allem aber geben künstlerische Installationen Impulse zur eigenen Auseinandersetzung. Beispielsweise bietet eine Kuppel von drei Metern Durchmesser die Gelegenheit zur immersiven Versenkung. Vioso und das Storylab kiu aus Dortmund projizieren in Kooperation Kurzfilme, die das Publikum in unterschiedlichste Welten entführen. Ein weiterer Social VR-Space kann als virtuelle Skulptur besucht werden. Die Rauminstallation „Abstract Space Installation“ lotet dort Zwischenräume und digitale Übergänge aus und fragt nach unserem Befinden bei der Bewegung durch den virtuellen Raum. Im Netzwerkareal tauschen sich Startups und Förderer aus und suchen nach den passenden Geschäftsmodellen für die neuen Formen der selbstgeschaffenen Realität.

Gegenüber im Haus Reichstein lautet das Motto „Innovation. Urban. Gestalten.“. Hier werden neue Einsatzmöglichkeiten der VR-Technik im Alltag, bei Arbeit, Wohnen, in der Freizeit und bei der Mobilität beleuchtet. Auch das Thema der Smart Homes wird aufgegriffen. Wie, so lautet die übergeordnete Frage hier, hilft das Digitale dabei, das urbane Leben der Zukunft lebenswert zu gestalten?

Gleich nebenan im mxr lab wird nach neuen Lernerfahrungen gesucht, die die Bildung vom Klassenzimmer bis ins Ruhestandsalter hinein vielfältiger und attraktiver machen. Gerade für schwer zu simulierende Situationen wie im Falle von Erster Hilfe kann Extended Reality neue Möglichkeiten liefern. Aber auch, wie sich die Elternzeit dank VR zur Weiterbildung nutzen lässt, wird dort ein Thema sein.

Zur Entspannung empfiehlt sich ein Abstecher ins „VRoom.Ruhr“. In einer der ältesten VR-Spielhallen NRWs lassen sich diverse Spiele vom Coop-Game über Shooter bis hin zu Rennspielen ausprobieren und so ein Einblick gewinnen über das, was in Sachen VR-Entertainment als „state of the art” gilt.

Neue Wege für ein digitales Miteinander

Zwanzig Hausnummern weiter, im Alten Supermarkt, wirft das Festival einen kritischen Blick auf die fragwürdigen Seiten der Digitalisierung, die zur Vereinzelung innerhalb der Gesellschaft beiträgt, indem sie das Shopping aus den Innenstädten auf den Bildschirm holt und die Menschen mit sozialen Filterblasen umhüllt. Auch hier werden neue technische Lösungen ausprobiert und diskutiert. Das Projekt DEBUG beispielsweise ermöglicht eine Umkehr der Perspektiven, und plötzlich finden sich die VR-Nutzer in der Situation eines Menschen, der von skeptischen Blicken und latentem Rassismus umgeben ist.

Die frischesten Ansätze werden schließlich im „Schaufenster im Quartier“ präsentiert. Hier zeigen sich die Ergebnisse des in den Tagen zuvor stattgefundenen „Hackathons“. Vier Tage lang haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Suche nach einer ressourcenschonenden und nachhaltigen Wirtschaft gemacht. Ihre Ergebnisse stellen sie als Prototypen der Augmented Reality anschließend offen zugänglich ebenfalls entlang der Bochumer Straße zur Diskussion.

Weitere Infos zum umfangreichen Programm gibt es auf der der Festival-Website und in der Web-App.

Geöffnet sind die Veranstaltungsorte am Freitag von 15 - 22 Uhr und Samstag von 11 - 18 Uhr. Vroom und die Heilig-Kreuz-Kirche bleiben am Freitag sogar bis 22 Uhr offen. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.