Zu Gast im Healing Complex

Sie sind „die Neuen“ im Healing Complex von Urbane Künste Ruhr: Anne Arndt (Köln) und Camilo Pachón (Bogotá/Münster) bringen ihre Ideen in das partizipative und auf mehrere Jahre angelegte Projekt in der ehemaligen Kirche St. Bonifatius in Gelsenkirchen ein. Im April geht’s los.

Bisher liegt der Healing Complex noch im Winterschlaf, aber schon im April werden die Künstlerin und der Künstler die Kirchentüren wieder weit öffnen – Kommunikation, Partizipation und nachbarschaftliches Miteinander sind die Leitmotive ihrer Residenz. Drei Monate lang können sie ihre Ideen hier weiterentwickeln und umsetzen, ganz in der Tradition des von Irena Haiduk geschaffenen Begegnungs- und Kunstortes mitten im Gelsenkirchener Stadtteil Erle. Der Healing Complex, gestartet 2022, sollte nach Haiduks Idee mit der Verknüpfung von Kunst und Heilung, Aktion und Kommunikation Anlaufstelle für die Menschen des Quartiers werden. Der große Ofen repräsentiert den Kern der Gemeinschaft, ähnlich wie in alten Dorfgemeinschaften: die gemeinsame Sorge ums leibliche Wohl und zugleich Treffpunkt und Ort des Miteinanders. Dieses Motiv hat Irena Haiduk in den vergangenen zwei Jahren in zwei Programmen umgesetzt. Sie und das Team vor Ort haben mit den Gelsenkirchenern gebacken, geredet, gearbeitet, getauscht und (Pilze) gezüchtet. Aber die Künstlerin ist umtriebig und in der ganzen Welt unterwegs. Ihr Kunstunternehmen Yugoexport hat seinen Sitz in New York. „Der Healing Complex lebt von der Kunst und den Veranstaltungen, die vor Ort stattfinden und dadurch auch eine enge Verbindung zur Stadtgesellschaft haben. Er braucht Personen, die in den Stadtteil gehen“, erklärt Nicole Trzeja, Projektleiterin bei Urbane Künste Ruhr. „Wir wollen den Ort aus künstlerischer Perspektive aktivieren und während der Residenzen zu einem echten Anziehungspunkt machen“. So kam die Idee auf, Gastkünstler einzuladen.

Neue Perspektiven für den Healing Complex

Per Ausschreibung suchte Urbane Künste Ruhr zwei Gastkünstler(innen), die das Projekt drei Monate lang erforschen und erweitern und sich dazu auch den Stadtteil erschließen und die Menschen hier kennen lernen. Die Einbindung ins Ruhrgebiet und die unmittelbare Umgebung sei immens wichtig, hält Nicole Trzeja fest. In der Ausgestaltung ihrer Ideen seien die Künstler aber völlig frei. Und so setzt Residenzlerin Anne Arndt auf die verbindende Kraft der Bewegung – Spaziergänge als Werkzeug zur Annäherung und zum Zusammenwachsen. Sie entwickelt Spaziergangformate, bei denen der Stadtteil unter unterschiedlichen Aspekten erkundet wird, feministisch, städtebaulich, historisch … Und darüber entsteht ein fortwährender Austausch. Zusätzlich sind Filmsceenings, Gesprächsformate und Workshops geplant.

Camilo Pachón will den Healing Complex über unterschiedliche kulturelle Ansätze der Maskerade und des Karnevals beleben. Dazu sucht er auch den Austausch mit einschlägigen Vereinen in Gelsenkirchen. Zu verkopft soll es dabei nicht zugehen, er will „einfach gemeinsam mit den Menschen hier Spaß haben“, formuliert es Projektleiterin Trzeja. Noch sind es Ideen und Konzepte, ab April werden Arndt und Pachón sie im Zusammenspiel mit den Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern mit Leben füllen. Ende April gibt es ein „Housewarming“ zum Kennenlernen und gemeinsamen Feiern. Danach sollen feste Öffnungszeiten und ein Tag der Begegnung die Menschen animieren, immer mal wieder in der umgebauten Kirche vorbeizuschauen. So bleibt der Healing Complex ein niederschwelliger Ort der Begegnung.

Über die Gäste

Anne Arndt (Köln) studierte Mediale Künste in Köln und Artistic Research in Den Haag. In ihren medienübergreifenden Arbeiten hinterfragt sie kritisch wie humorvoll unseren öffentlichen Lebensraum als Spiegel gesellschaftlicher Macht- und Erinnerungskulturen. Für den Aufenthalt im Healing Complex entwickelt die Künstlerin eine ortsbezogene partizipatorische Methodik, die Gehen, Erzählen, Zuhören, Zusammensein, Reden, Befragen, Beobachten und Wahrnehmen einsetzt. Dieser Ansatz will sich mit lokalem und vielfältigem Wissen verbinden, das eine pluralistische, relationale Perspektive ermöglicht.

Camilo Pachón (Bogotá/Münster) ist ein multidisziplinärer Künstler und Kurator, der zwischen Kolumbien und Deutschland pendelt. Er befasst sich mit kollektiven Prozessen und der Maske als uralte Technologie – Werkzeuge, die das Selbst auflösen, ihre Kontexte verändern und es uns ermöglichen, neue Welten zu imaginieren und neue Verbindungen zu Menschen und Ökosystemen herzustellen. Mit seinem Projektvorschlag The Ancient Masked Temple möchte der Künstler mit einem Programm aus Workshops, Lesungen, Performances und Feiern einen kollektiven Raum im Healing Complex erschaffen.

Urbane Künste Ruhr

Urbane Künste Ruhr ist eine vielgestaltige, dezentrale Institution für Gegenwartskunst im Ruhrgebiet. Neben Ruhrtriennale, Tanzlandschaft Ruhr und Chorwerk Ruhr ist Urbane Künste Ruhr Teil der Kultur Ruhr GmbH mit Sitz in Bochum, deren Gesellschafter und öffentliche Förderer das Land Nordrhein-Westfalen und der Regionalverband Ruhr sind.

Mehr zum Healing Complex gibt es hier.