Literaturpreis Ruhr: Die Preisträger*innen stehen fest
Necati Öziri, Miedya Mahmod und Jörg Hilbert – das sind die Gewinner*innen im diesjährigen Rennen um den Literaturpreis Ruhr. Regionalverband Ruhr und Literaturbüro Ruhr ehrten die Preisträger*innen im Schloss Horst Gelsenkirchen.
Träger des mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreises ist Necati Öziri. Der gebürtige Dattelner setzte sich mit seinem Romandebüt "Vatermal" gegen die drei Mitnominierten Dietlind Falk (No Regrets), Sarah Jäger (Und die Welt, sie fliegt hoch) und Sina Scherzant (Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne) durch. In "Vatermal" schreibt der junge, todkranke Arda einen Brief an seinen Vater, den er nie kennengelernt hat. Hochliterarisch, aber gleichzeitig auch im Sound der Straße geschrieben, biete das Werk ein intensives Leseerlebnis, urteilte die Jury. "Vatermal" sei ein Buch, in dem es um Alltagsrassismus geht, ohne dass das Wort Rassismus je explizit genannt wird. Ein feministisches Buch, ohne dass die Begriffe Feminismus oder Patriarchat jemals fallen. Und ohne dass der Ort oder das Ruhrgebiet jemals genannt werde, sei man als Bewohnerin oder Bewohner des Ruhrgebiets sofort dort. Fazit: "Ein Buch, das man in vielen Jahrzehnten noch lesen wird."
Necati Öziri, geboren 1988 in Datteln, hat Philosophie, Germanistik und Neue Deutsche Literatur in Bochum, Istanbul und Berlin studiert. Er lebt in Berlin, schreibt und macht Theater.
Förder- und Ehrenpreis
Den mit 5.000 Euro dotierten Förderpreis nahm Miedya Mahmod für ihr Langgedicht "Hinter vorgehaltener Zunge schweigen wir oder Die Destinationale" entgegen. Die gebürtige Dortmunderin mit irakisch-kurdischen Wurzeln ist literarisch bestens vernetzt. Sie lotet (Zwischen)Räume unterschiedlichster Art aus – sprachlich, in Bezug auf Ausdrucksform und Genre. Einer größeren Öffentlichkeit ist sie seit dem Bachmannwettbewerb in Klagenfurt ein Begriff. Mit Miedya Mahmod werde eine literarische Stimme ausgezeichnet, die nicht besser das Herz des Ruhrgebiets zum Ausdruck bringen könnte, meint die Jury. Eine, die in vielen Sprachen verwurzelt ist, synchron multilingual, eine Stimme, die unter Einfluss vieler Kulturen zu sich selbst gefunden habe.
Den undotierten Ehrenpreis des Literaturpreis Ruhr erhielt Autor und Illustrator Jörg Hilbert, Vater der seit 30 Jahren erfolgreichen Kinderbuch-Figur Ritter Rost. (Hier im kir-Profil). Der in Essen lebende Autor erhält den Ehrenpreis für seine besonderen Verdienste um die Literatur im Ruhrgebiet. Felix Janosa, der unter anderem die Lieder zu den Ritter-Rost-Geschichten komponiert und schreibt, hebt hervor: „Jörgs große Gabe ist die kindliche Sicht auf Menschen und Dinge. Ein Teil seiner Persönlichkeit hat sich wahrscheinlich immer geweigert, erwachsen zu werden und ist im positivsten Sinne naiv: rotzfrech, mit starkem Selbstwert und mit einem scharfen Auge für alles, was schief, komisch und ungerecht in der Welt ist. Manchmal denke ich an Michael Ende, häufiger an Walter Moers, doch die Sprache mit ihren zahllosen Neuschöpfungen und Eigenheiten ist immer als echter Hilbert erkennbar.“
Garrelt Duin, Regionaldirektor des RVR, zur Auszeichnung 2024: "Der Literaturpreis Ruhr ist Schaubild der erstklassigen und vielfältigen Literatur im und über das Ruhrgebiet. Die diesjährige Bestenliste ist auffallend jung. Die Autorinnen und Autoren sind alle noch nicht lange im Geschäft und ziehen schon jetzt jeden Lesenden mit ihren Texten in ihren Bann."
Der Literaturpreis Ruhr ist die wichtigste ideelle wie materielle Auszeichnung für Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die im Ruhrgebiet leben, sowie für Autorinnen und Autoren von außerhalb, die über die Region schreiben. Er wird seit 1986 jährlich vom Regionalverband Ruhr (RVR) vergeben und vom Literaturbüro Ruhr organisatorisch und konzeptionell betreut. Für den Hauptpreis kamen herausragende Titel aus dem Ruhrgebiet und über das Ruhrgebiet in Frage, die im Zeitraum vom 1. Mai 2023 bis 30. April 2024 in einem Verlag oder per Selfpublishing erschienen sind. Sechsundfünfzig literarische Werke aus unterschiedlichen Genres standen auf der Leseliste der Jury.